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Rent a teacherman
Die Lehramtsstudenten Finn Schmidt und Jonas Taucke im Einsatz
„Rent a teacherman“ heißt das Modellprojekt der Universität Bremen, das in Kooperation mit der Senatorin für Bildung Grundschulen mit männlichen Leih-Fachkräften unterstützt und inzwischen ein bundesweit anerkanntes Bildungsprojekt ist. Seit 2020 gehört auch die Fritz-Gansberg-Jungenschule in Schwachhausen zu den „Mietern“. In dem Bremer Förderzentrum für soziale und emotionale Entwicklung werden ausschließlich Jungen von vornehmlich weiblichen Lehrkräften beschult.
Projektleiter Dr. Christoph Fantini zählt im Land Bremen insgesamt zehn Grundschulen ohne eine einzige männliche Fachkraft. „Die komplette Abwesenheit von Männern wirkt extrem stereotypisierend in Bezug auf die eigentlich gewünschte Vielfalt von Geschlechtsrollenmodellen“, sagt er. „Es fehlen vor allem für Jungen männliche Ansprechpartner in Situationen, in denen sie sich nicht so gerne an eine Frau wenden wollen beziehungsweise einfach den Wunsch nach einem Gegenüber des gleichen Geschlechts haben.“ Dass grundsätzlich weibliche Ansprechpartnerinnen für Mädchen vorzuhalten seien, wie etwa auf Klassenfahrten, sei längst selbstverständlich. „Für Jungen ist die Situation anders.“
Um die Situation auch kurzfristig zu verändern, wird ein Pool mit qualifizierten Lehramtsstudenten aufgebaut, die beispielsweise vorübergehend für Jungen-Projektgruppen oder AGs wie Kochen, Lesen, Nähen, Gartenbau oder Sport, Klassenfahrten, Schwimmunterricht, Sexualkunde sowie andere Gelegenheiten angefragt werden. „Wir richten uns da ganz nach dem Bedarf der jeweiligen Schule“, so Fantini. So hatten auch Schulaufsicht und Schulleiter der Fritz-Gansberg-Schule bei dem Uni-Projekt nach tatkräftiger Unterstützung für ihre spezielle Jungen-Schule angefragt. Besonders in Corona-Zeiten ist dort und an vielen anderen Schulen die Unterstützung durch die Studenten noch wichtiger geworden, denn das Homeschooling bringt besonders für Schüler:innen aus weniger privilegierten Familien viele Probleme mit. Wo ausreichende adäquate Angebote im Regelschulsystem fehlen, greift „Rent a teacherman“ ein.
Schulleiter der Fritz-Gansberg-Schule, Bastian Hartwig, ist nach den ersten Einsätzen der Studenten Finn Schmidt und Jonas Taucke überzeugt: „Die komplexen Entwicklungsthemen unserer Schüler finden durch die jungen Kollegen sehr wertvolle Interaktionspartner, die in der unmittelbaren Beziehungsarbeit neue Impulse und vor allem wesentliche alternative Erfahrungen in die teils stark belasteten Biografien unserer Schüler einbringen.“ Dies berge gleichwohl für die Schüler, das Team als auch für die jungen Kollegen ein großes Potential positiver Wirksamkeitserfahrungen und erstaunliche Erkenntnisse hinsichtlich rollenspezifischer Beziehungsdynamiken im pädagogischen Handeln.
Aber auch für die Lehramtsstudenten ist ihr Einsatz eine wertvolle Erfahrung: „In Situationen, in denen die Schüler mich über meine Interessen und Meinungen ausfragen und sich an mir orientieren, merke ich, dass sie männliche Bezugspersonen brauchen. Deswegen bin ich bei rent a teachermen dabei“, sagt Jonas Taucke. Sein Kommilitone Finn Schmidt ergänzt: „Bei vielen Schülern habe ich mit der Zeit gemerkt, wie sich aus anfänglicher Skepsis Vertrauen entwickelte und sie mittlerweile tiefgründige Gespräche mit mir führen und auch gezielt suchen.“
Weitere Informationen auf maenner-in-die-grundschule.de
UPDATE vom 01.06.2022:
Bundesweite Anerkennung
Das Projekt hat inzwischen einiges bewegt: Waren es 2012 im Land Bremen noch 19 Grundschulen von knapp 80 ohne eine einzige männliche Lehrkraft, sind es heute nur noch 9. Viele der ehemaligen Mitarbeiter von "Rent a Techerman" würden jetzt nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung in den Schulen, in denen sie für das Projekt tätig waren, fest als Lehrer arbeiten, berichtet Projektleiter Dr. Christoph Fantini. Bundesweite Anerkennung gab es 2015 mit dem Prädikat "good practice for gender equality in education in germany" vom Council of Europe. Und seit Ende 2021 ist das Projekt auf weiterführende Schulen erweitert worden und ab sofort auch bundesweit einsatzbereit.
Am 1. Juni 2022 wurde das Projekt zudem mit dem Bremer Diversity Preis "Der Bunte Schlüssel – Vielfalt gestalten!" ausgezeichnet, der seit 2010 vom Zentrum für Interkulturelles Management & Diversity der Hochschule Bremen (HSB) in enger Kooperation mit dem Mercedes-Benz Werk Bremen und elf weiteren Trägern verliehen wird. Eine Jury aus Expert:innen, best practice-Vorbildern und Diversity Verbundenen hat aus sieben Bewerbungen die Preisträger:innen ausgewählt.
Weitere Informationen auf diversity-preis-bremen.de