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Schulkinder, Corona, Maske
Von "nicht ansteckend" bis "brandgefährlich" lauteten die Vermutungen. Jetzt gibt es endlich Studienauswertungen zu den Corona-Fallzahlen bei asymptomischen Kindern und Jugendlichen. Auch aus Bremer Schulen liegen Zahlen vor.
Seit Beginn der Pandemie herrschte Unklarheit über die Ansteckungsgefahr von Kindern und Jugendlichen: Es kursierten die Vermutungen von "nicht ansteckend" bis "gefährlich hohe Dunkelziffer". Widersprüchliche Aussagen über die Ansteckungsgefahr in Schulen schürten die Unsicherheit der Eltern zusätzlich. Zudem stellte sich heraus, dass zumeist junge Menschen mit dem Virus infiziert sein können, ohne dabei Krankheitssymptome aufzuweisen. Sie tragen das Virus also unbemerkt weiter und stecken andere an. Immer neue Coronafälle und Quarantäneverordnungen an der Einrichtung der eigenen Kinder verstärkten die Unsicherheit, und bei vielen Eltern bekam das mulmige Gefühl gerade im Herbst 2020 Oberhand. Durch die Erkenntnis der asymptomatischen Infektion bei Kindern und Jugendlichen gingen Experten von einer extrem hohen Dunkelziffer aus; da in der Regel nur Menschen mit Symptomen getestet werden, wusste niemand, wie viele Kinder und Jugendliche möglicherweise infiziert sind.
Echte Zahlen statt Vermutungen
Da ist es gut, wenn man sein subjektives Empfinden mit echten Zahlen vergleichen kann. Denn bei den bloßen Annahmen zu einer Dunkelziffer bestehen Fallstricke. So weist zum Beispiel der Lagebericht Schule des RKI vom 10.11.2020 alle Kinder und Jugendliche, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden, als erkrankte Personen aus. Dies führte zu Schlagzeilen wie "Brandgefährlicher Schulunterricht" in den Medien, die davon ausgehen, dass Kinder und Jugendliche durchs Raster fallen, weil bei ihnen nur Tests bei Erkrankung durchgeführt werden.
In einer bundesweiten Abfrage wurde in Deutschland jetzt erstmals eine große Gruppe Kinder und Jugendliche ohne Symptome getestet.
Während die Kultusministerkonferenz tatsächlich erst am 24.11.2020 eine Studie zum Infektionsgeschehen an Schulen in Auftrag gegeben hat, liefert eine andere Studie schon erste Zahlen: Laut einer Datenerhebung, die vom 18. bis zum 20. November 2020 an 105 deutschen Kinder- und Jugendkliniken durchgeführt wurde, waren bei über 110.000 durchgeführten SARS-CoV-2 PCR-Tests durchschnittlich nur 0,53% positiv. Die Stichprobe wurde bei Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 18 Jahren durchgeführt. Dabei handelte es sich um Patientïnnen mit möglichen Symptomen, um Verdachtsfälle aufgrund von COVID19 in der Familie sowie überwiegend asymptomatische Patientïnnen: Rund 80% der getesteten Kinder sind aufgrund anderer Erkrankungen oder Operationen in die Kliniken gekommen und routinemäßig getestet worden. Diese Daten kommen damit einer Zufallsstichprobe sehr nah. Im Ergebnis reichte die Positivrate pro Klinik von 0 bis 0,2 % bei den Symptom-unabhängigen generellen Screenings und bis zu 3 % bei den symptomatischen Patienten.
UPDATE: Erste Testergebnisse aus Bremer Schulen
Ab dem 1. Dezember 2020 wurden freiwillige Reihentestungen an vier Bremer Schulen durchgeführt. Am 7.12.20 standen die Zahlen von den Schulen fest. Dort wurden insgesamt 1.359 Schülerïnnen und Lehrkräfte getestet, anteilig sind das 59 Prozent Teilnehmende an den vier Schulen. 12 Tests waren positiv, also 0,88 Prozent. Zu bemerken ist, dass es sich bei den positiv Getesteten nur um Schülerïnnen handelt, nicht um Lehrkräfte oder pädagogisches Personal, bei denen die Tests also zu 100 % negativ ausfielen.
Bei den vier Schulen handelt es sich um die Grundschule Andernacher Straße (2 von 202 Proben positiv), die Grundschule Humannstraße (1 von 140), Oberschule Schaumburger Straße (3/404) und das Gymnasium Vegesack (6/613).
Neben diesen Reihentestungen können sich seit dem 1. Dezember 2020 an allen Schulen auch Schülerïnnen der Kontaktgruppe I - also aus derselben Klasse oder Kohorte einer negativ getesteten Person - kostenlosen Schnelltests unterziehen. Bei einem negativen Testergebnis dürfen sie die Quarantäne von 14 Tagen auf eine Dauer von 5 Tagen verkürzen. Die Schnelltests werden über die Senatorin für Kinder und Bildung vom Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) nach Anmeldung angeboten. Täglich sind bis zu 500 Schnelltestungen möglich, in der ersten Dezemberwoche haben 320 Schülerïnnen den Schnelltest genutzt.
Außerschulische Infektionsquellen
Außer Frage steht, dass Kinder und Jugendliche sich infizieren und das Virus weitergeben können. Die vergleichweise niedrigen Fallzahlen trotz aktuell hoher Inzidenzwerte dürften daher ein Ergebnis der hohen Hygienemaßnahmen an Schulen und des Engagements von Lehrenden, Schülerïnnen und Eltern sein. Die Infektionsquellen liegen in der Mehrzahl außerhalb des schulischen Bereiches, so dass es wichtig ist, neben den notwendigen Hygienemaßnahmen in den Schulen, weitere außerschulische Ansätze zur Eindämmung der Pandemie und Reduktion der Inzidenzzahlen zu verstärken.
Die Erfassung und Auswertung der Daten erfolgte unter Federführung des Forscherteams der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Regensburg, der Kinderklinik Passau, der technischen Universität München, dem Vorsitzenden der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie des Hauner'sches Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München. Unterstützt und ermöglicht wurde Abfrage durch den bundesweiten Verband der leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD) und der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.