1 von 3

Warnstreik Erzieher Bremen
Warnstreik im März 2015 der Erzieher*innen
2 von 3

Gesamtelternbeirat KiTa Bremen
3 von 3

Pressemitteilung der SPD Bürgerschaftsfraktion
Seit Mittwochabend steht fest: Weit über 90% der Erzieher_innen haben sich nach fünf gescheiterten Verhandlungsrunden für den unbefristeten Streik ausgesprochen. Ab Freitag bleiben fast im ganzen Bundesgebiet die öffentlichen KiTas geschlossen. Die Reaktionen darauf bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Verständnis und Wut.
Wir wollen uns im Folgenden diesen Fragen zuwenden:
Sind alle Einrichtungen betroffen? Wie ist die rechtliche Lage in Bezug auf Minderung des Kindergartenbeitrags? Welche Möglichkeiten gibt es, für berufstätige Eltern? Und gibt es etwas, dass die Eltern tun können, um diesen Streik so schnell wie möglich zu beenden?
Welche Einrichtungen sind betroffen?
Alle Einrichtungen, die zu den staatlichen Kindertagesstätten gehören und somit dem TVöD unterstehen (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst). Private Kindergärten, kirchliche Betreuungsstätten und Elternvereine sind nicht an die Tarife gebunden und damit auch nicht an die Gewerkschaften. Auch in Städten wie Berlin bleibt ein Streik aus, da hier die Erzieher_innen vom Land selber bezahlt werden und somit dem TV-L (Tarifvertrag der Länder) unterstehen.
Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass sich eventuell auch der ein oder andere unabhängige Kindergarten den Protesten anschließt, denn die zum Teil unzumutbaren Umstände betreffen ja auch diese.
Wie ist die rechtliche Lage in Bezug auf Minderung des KiTa-Beitrags?
Wenn der Zug nicht fährt, weil die Lokführer streiken, kann man sich von der Bahn sein Geld zurückholen. Gilt das auch für die KiTa-Beiträge im Streikzeitraum? Leider nein. Bei der Bahn kauft man ein Ticket und damit eine Leistung, die im Streikfall nicht erbracht wird.
So ärgerlich die Situation ist, das Geld für die ausgefallene Zeit darf nicht einbehalten werden. Ein Streik gilt tatsächlich als „Höhere Gewalt.“ Auf der Seite des Gesamtelternbeirats KiTa Bremen heißt es hierzu auszugsweise:
„Da es sich um eine Gebühr handelt und diese grundsätzlich entrichtet werden muss, gibt es leider keine rechtliche Grundlage, die Gebühr einfach einzubehalten...“ (mehr unter: https://www.facebook.com/gesamt.elternbeiratkitabremen)
Ähnlich wie man auch Feiertage und Ferien weiter bezahlen muss.
Welche Möglichkeiten gibt es für berufstätige Eltern?
Im Falle eines spontanen Streiks steht einem Elternteil ein bezahlter freier Tag von Arbeitgeber-Seite zu. Ab dem zweiten Tag muss Urlaub genommen werden. Da der momentane Streik schon seit längerer Zeit angekündigt wurde, greift diese Regelung hier nicht.
Hier ist viel guter Wille und Flexibilität des Arbeitgebers gefragt. Gibt es die Möglichkeit zumindest einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu verrichten? Kann man an einzelnen Tagen, an denen man eine Betreuung für sein Kind findet, mehr Stunden als üblich arbeiten und somit vor- bzw. nacharbeiten? In wenigen Fällen erklären sich die Arbeitgeber auch bereit, dass das Kind zur Arbeit mitgebracht werden darf. Einen Anspruch darauf gibt es allerdings nicht.
Mittlerweile gibt es etliche Foren und Whats App-Gruppen, in denen sich die Eltern selber organisieren und versuchen sich so gut wie möglich gegenseitig unter die Arme zu greifen.
In einigen Kindertagesstätten wurde ein Notdienst eingerichtet, der sich jedoch in erster Linie an alleinerziehende, berufstätige Eltern richtet. Hier erhält aber nur jedes zehnte Kind einen Platz. Folgende Tabelle wurde von der KiTa Bremen veröffentlicht:

KiTa Bremen
Familien, in denen beide Eltern berufstätig sind und nicht über ein ausreichendes Netzwerk verfügen, um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten, bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als ihre wenigen Urlaubstage zu diesem Zwecke einzusetzen.
In einer Pressemitteilung unterstützt die SPD Bürgerschaftsfraktion einen Antrag des Gesamt Elternbeirat von KiTa Bremen, in dem die Eltern fordern, die Räumlichkeiten der Einrichtungen, in denen kein Notdienst stattfindet, zur Verfügung zu stellen, um dort eine selbstorganisierte Notfallbetreuung anzubieten (siehe Galerie). Aber ist das wirklich so sinnvoll?
Ein Streik muss weh tun, damit er etwas bringt (!?)
Während bei den eintägigen Streiks die Elternschaft häufig noch hinter den Erzieher_innen stand, hat mittlerweile bei vielen die Geduld ein Ende. Dabei richtet sich der Ärger gar nicht unbedingt gegen die Erzieher_innen persönlich, sondern wurzelt in einer Hilflosigkeit der Situation gegenüber, die bis hin zu ernsthaften Existenzängsten reicht.
Eigentlich logisch. Ein Streik unter dem keiner leidet, den keiner mitbekommt, hat wenig Chancen etwas zu ändern. Aber gerade in diesem Fall werden die Stimmen immer lauter, dass es im Endeffekt die Kinder sind, die bei dieser Streikwelle die Leidtragenden sind.
Astrid Wohlfahrt vom Elternbeirat Bremen sagt dazu: „Das Problem ist aber auch, dass die Eltern zwar murren, aber die Situation dann hinnehmen. Es ist ja toll, dass innerhalb kürzester Zeit Elterngruppen organisiert sind, die sich gegenseitig helfen. Wirklich bringen tut es aber nur etwas, wenn sie selber aktiv werden und den entsprechenden Entscheidern signalisieren, dass Änderungen dringend notwendig sind.“
Die vorhandene Wut darf sich also nicht gegen die Erzieher_innen richten, sondern muss gegen die Verursacher der Problematik gewendet werden: Beschwerde-Briefe und Aktionen, am besten etwas, dass richtig Medieninteresse weckt, das das Problem aus dem Kindergarten-Kosmos an die wirklich Verantwortlichen trägt und sie damit unter Druck setzt.
Bundesweit gibt es deshalb Eltern-Bewegungen, die vor allem einen Tenor haben:
Wenn wir wollen, dass der Streik ein Ende nimmt, müssen wir die Erzieher_innen in ihren Forderungen unterstützen und alles dafür tun, dass diese erfüllt werden. Um so schneller haben die Einrichtungen wieder geöffnet.
Auch in Bremen gibt es am Dienstag den 12. Mai um 10 Uhr vor dem Rathaus eine große Kundgebung mit dem Aufruf:
„Herr Böhrnsen, wir wollen unsere Erzieher_innen zurück! Machen Sie den Streikenden ein anerkennendes Angebot!“ (Den kompletten Aufruf des Gesamtelternbeirats Bremen findet ihr oben in der Galerie)
Letztendlich ist es doch so, dass alles, wofür die Erzieher_innen gerade kämpfen, auch den Kindern und den Eltern zugute kommt. Ein höherer Betreuungsschlüssel, längere Betreuungszeiten, eine bessere Qualität der Betreuung, motivierte Nachwuchskräfte und so weiter. Was alles nur möglich ist, wenn entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.
So ärgerlich und schwierig die Gesamtsituation für alle Beteiligten ist: Keiner hat etwas davon, wenn sich der Unmut auf allen Seiten hochschaukelt. Jetzt geht es darum, dass Eltern und Erzieher_innen zusammenhalten und so schnell wie möglich eine Lösung gefunden wird.
Denn eigentlich wollen wir doch alle das Gleiche:
Ein Betreuungssystem, dass Eltern, Erzieher_innen und vor allem den Kindern gerecht wird.