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MOIN macht Mathe cool
Dr. Anna Rörich gibt ihre Begeisterung für Mathematik weiter
Siebte Stunde Mathe und alle Schüler:innen sind begeistert dabei. Klingt nach einem Märchen? So geschieht es tatsächlich an der Oberschule am Waller Ring, und der Grund dafür heißt "MOIN". In diesem Fall steht der Gruß für die "Modellregion Industriemathematik", und deren Zentrum findet sich an eben dieser Bremer Oberschule.
Profil-Premiere in Bremen
Mathematikerin Dr. Anna Rörich projiziert MRT-Aufnahmen eines menschlichen Kopfes an die Tafel und auf die Laptops der Schüler:innen. Irgendwo in den Schichtbildern ist ein symbolischer Tumor in Form eines Herzens versteckt. „Versucht es zu finden und möglichst genau zu vermessen“, fordert die Wissenschaftlerin den Kurs auf.
Und es dauert nicht lange, da haben die ersten der 24 Schüler:innen des Biologieprofils das Herz entdeckt. Sie nutzen eine einfache, vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS entwickelte Software, wie sie ganz ähnlich auch in radiologischen Praxen zum Einsatz kommt. Nur bei der Bestimmung der Tumorgröße ist das Meinungsbild unterschiedlich. Könnte eine Automatisierung helfen, die Größe zu bestimmen, sodass bei einem bevorstehenden Eingriff nicht zu viel Gewebe entfernt wird? Dies auszuprobieren, ist Gegenstand der nächsten Aufgabe.
Um den Umgang mit digitalen Bildern, um das Kennenlernen von Werkzeugen und Methoden zur Bildanalyse geht es in dieser Unterrichtseinheit. Sie findet im Rahmen eines Probelaufs für eine Innovation in der Bremer Schullandschaft statt: für das erste Profil „digitale Medizin“ an einer gymnasialen Oberstufe. Im Schuljahr 2025/26 erlebt es an der Oberschule am Waller Ring seine Premiere.
Digitale Methoden werden im Alltag immer wichtiger, auch in der Gesundheitsversorgung
weiß Jan Wicke, Biologielehrer und stellvertretender Schulleiter. Er verspricht sich viel von dem Profil. Weil es praxisnah ist und Bezüge zum zukünftigen Berufsalltag in der Medizin herstellt. Weil es seine Schüler:innen für die Berufswelt im Gesundheitssektor qualifiziert. Und vor allem, weil sie auf Vorbilder treffen: auf junge Menschen, die als Informatiker:innen, Mathematiker:innen oder Physiker:innen in der Medizin arbeiten. „Unsere Schülerinnen finden es cool, dass sie es mit hoch qualifizierten und extrem selbstbewussten Frauen zu tun haben. Für sie ist das eine unheimliche Stärkung“, berichtet Wicke weiter. „Diese Begegnungen öffnen ganz neue Horizonte und Möglichkeiten. Wir haben hier versteckte Talente, die jetzt entdecken: Es gibt viele Wege in die Medizin, auch außerhalb des Medizinstudiums.“
Mathematik im Alltag erlebbar machen

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MOIN macht Mathe cool
Haben sich für das Profil "Digitale Medizin" engagiert: Prof. Dr. Matthias Günther, Bianka Hofmann, Dr. Susanne Diekmann, Sabrina Tölken, Jan-Philipp Redlich, Rieke Alpers und Dr. Anna Rörich vom Fraunhofer MEVIS sowie Lehrer Jan Wicke von der Oberschule am Waller Ring (v. lks.)
Echtes Interesse an einem der unbeliebtesten Schulfächer zu wecken und seine Attraktivität nachhaltig zu verbessern, ist das Ziel von MOIN. Dazu werden im Unterricht Anwendungsbeispiele genutzt, die von Expert:innen des Fraunhofer MEVIS entwickelt und in Kooperation mit Lehrkräften der Schule genutzt werden können. Die Beiträge der Forschenden zum Profil "Digitale Medizin" sind auch Bestandteil des Teilprojektes #MATHDAYS von MOIN. Zur Region gehört neben Bremen und Bremerhaven auch der Landkreis Osterholz. Gefördert mit 690.000 Euro vom Bundesministerium für Forschung und Bildung für zunächst drei Jahre, zielt die Initiative darauf ab, Mathematik als lebendige und nützliche Wissenschaft erlebbarer zu machen.
Wofür soll Mathe eigentlich gut sein?
Die Antwort liefert der Unterricht in "Digitaler Medizin" anhand von Beispielen aus der realen Welt. "Mathe steckt überall drin, es ist universell. Man weiß, was Sache ist, denn es gibt ein Richtig oder Falsch. Das Fach ist vielfältig, logisch und einfach cool,“ findet auch Mathematikerin Sabrina Tölken, die den Antrag für die Förderung des Profils gestellt hat.
Schon früh zeigt sich an der Waller Oberschule, wie das Profil nicht nur in die Schüler-, sondern auch in die Lehrerschaft hinein wirkt und Türen zu anderen Fächern öffnet. In Deutsch wird ein Buch über eine Gesundheitsdiktatur gelesen, in Englisch stellt das Fraunhofer MEVIS Podcastfolgen zu aktuellen Forschungsthemen zur Verfügung. Selbst die Theater AG will das Thema aufgreifen. Auf einer gemeinsamen Plattform tauschen sich Lehrende und Wissenschaftler:innen aus, laden Materialien hoch, diskutieren über Inhalte.
„Wir sind froh über die Kooperation“, sagt Jan Wicke.
Digitale Gesundheit könnten wir gar nicht unterrichten. Uns fehlen die spezifischen Kompetenzen und wir verfügen auch nicht über die Software, um etwa mit digitalen Bildern zu arbeiten.
Der Lehrer sieht in dem Profil einen Mehrwert für alle Beteiligten: für die Schüler:innen vor allem, für das Fraunhofer MEVIS und für die Schule als Ganzes. „Dieses Bildungsangebot ist so außergewöhnlich, dass es auch von außerhalb unseres Einzugsgebietes Interessierte anziehen wird.“
Mehr zum Projekt #MOIN auf der Webseite der Uni Bremen.