Alles beginnt mit einer Tüte voller Mädchenzeitschriften. Und einem Traum. Denn George will unbedingt die Hauptrolle in dem Theaterstück seiner Schule spielen. Es gibt nur ein Problem. Die Hauptrolle heißt Charlotte. Und George ist ein Junge.
Allerdings fühlt sich George schon seit sie denken kann als Mädchen. Sie will auch sein wie die Mädchen auf den Zeitschriften. Kleider tragen, über Jungs reden und alles tun, was Mädchen eben tun. Aber weder ihre Familie noch ihre enge Freundin Kelly wissen von Georges heimlichem Wunsch. Was die Jungs in Georges Schule nicht davon abhält, über sie zu reden und blöde Witze zu reißen. George verhält sich nämlich auch eher wie ein Mädchen und nicht wie der typische Junge von 10 Jahren.
Wir folgen in der Geschichte einem jungen Mädchen, geboren im falschen Körper, auf ihrer Suche nach Glück und Freiheit.
George ist für mich ein Buch, das geschrieben werden musste. Vor allem sollte es von mehr Kindern in Georges Alter gelesen werden sowie von deren Eltern. Es zeigt, was jüngere Kinder schon alles beschäftigt und mit welchem Verständnis die Eltern die Probleme ihrer Kinder behandeln sollten, gerade wenn es um dieses sensible Thema geht. Deshalb ist auch einer der bedeutendsten Szenen für mich Georges Offenbarung gegenüber ihrer Mutter. Ihre Reaktion, insbesondere ihr Charakter, ist das, was das Buch echt wirken lässt. Georges Mutter hat am Anfang Zweifel und Ängste, was ihr Kind angeht. Und das ist gut so. Eine Umwandlung ist eine besondere Erfahrung, die viel Feingefühl braucht. Ihre Mutter muss sich an diese Offenbarung erst gewöhnen, das ist nichts, was von heute auf morgen passiert.
Alex Gino, der selbst transgender ist, schafft es, in seinem (diese Schreibweise ist vom Autor so vorgegeben) Debütroman die innere Zerrissenheit eines Kindes im Grundschulalter auf reale Weise nachzuzeichnen, sodass man trotz der wenigen Seiten mit George mitgeht, ihn beschützen, ermutigen und in eine bessere Welt entlassen will.
Für Transgender-Menschen sowie Kinder und Jugendliche in Georges Alter und Erwachsene ist das Buch eine spannende Lektüre. Es regt zum Nachdenken an, vermittelt Toleranz und verwischt die Grenzen, was Geschlechterrollen angeht. Gino weiß um die hohe Sensibilität der Thematik. Er hat mit George eine Figur erschaffen, die aus mehr besteht, als nur ihrer sexuellen Identität. George ist vor allem, um es mit der Widmung des Buches auszudrücken: „Für dich, als du das Gefühl hattest, nicht dazuzugehören.“
Gast-Rezension von Daniel Schmidt
208 Seiten, 14,99 Euro (gebundene Ausgabe), ab 10 Jahren
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