Jenseits der Mitte. Skizzen am Rand
Kunsthalle Bremen Am Wall 207, 28195 Bremen
© Kunsthalle Bremen/Der Kunstverein in Bremen
Jenseits der Mitte. Skizzen am Rand
Adolphe Willette, Entkleidete, ca. 1890er JahreLithographieAdolphe Willette, Entkleidete, ca. 1890er JahreLithographie
Nicht an den Rand kritzeln!
Für Schulbücher ist das absolut korrekt, aber für Künstler:innen gilt die Regel nicht. Zum Glück, denn sonst würden wir einige kleine aber feine Werke verpassen, die die Kunsthalle Bremen als erstes Museum der Welt in einer Ausstellung präsentiert:
Sie widmet sich dem künstlerischen Phänomen der sogenannten "Randeinfälle" in der Druckgraphik. Anhand von über 100 Werken werden detailreiche, humorvolle Skizzen gezeigt, die unter anderem von Eugène Delacroix, Edouard Manet und Käthe Kollwitz stammen.
Die Werke waren Probedrucke mit begrenzter Auflage, die schnell zu begehrten Sammlerstücken wurden. Die Kombination von einem Stift und einem weißen, noch leeren Blatt übt eine große Faszination auf den Menschen aus, und schon wird losgekritzelt.
So geht es auch Künstler:innen, die mit den jungfräulichen Rändern ihrer Druckplatten konfrontiert werden. Gerade die sonst blanken Ränder bieten einen Raum zur Entfaltung und Erprobung spontaner Ideen.
Da eröffnen sich Spielräume für ein breites Spektrum kurioser Motive: Hier jagt eine Herde Wildpferde über das Papier, dort verfolgt ein Obelisk einen Pierrot-Clown oder begleitet eine Katze eine Schlittenfahrt.
Durch die Kuriosität dieser humorvollen Szenerien wird der Blick der Betrachtenden vom eigentlichen Hauptbild abgelenkt und driftet in die Randgebiete ab, wo die Skurrilität der künstlerischen Einfälle das Auge zum Verweilen verlockt. Die Peripherie des Blattes wird durch die reizvollen Skizzen von einer Neben- zu einer Hauptsache.
Die Kunsthalle Bremen zeigt die humorvollen Randfigürchen von ihren Ursprüngen in der barocken Radierung bis zu ihren Ausläufern in der Lithographie des 20.Jahrhunderts bis zum 5. Januar 2025.