Auch wenn es in den Filmen und Serien der Erwachsenen langsam immer öfter auch transsexuelle Charaktere gibt, kommt es bei Kinderfilmen nur sehr selten vor. Eine dieser Ausnahmen ist der französische Kinderfilm „Tomboy“ (FSK ab 6) von 2012, der unter anderem auf Netflix zu finden ist.
Darin geht es um die 10-jährige Laure, die sich nach einem Umzug unter ihren neuen Freunden als der Junge Michael ausgibt. Keiner hinterfragt es, sie prügelt sich, beschützt ihre kleine Schwester und spielt Fußball, so „wie es sich für einen Jungen gehört“. Die süße Lisa verliebt sich in „Michael“ und es kommt sogar zu den ersten Küssen.
Dabei verdrängt Laure/Michael, dass die Sommerferien bald vorbei sind und spätestens nach den Sommerferien die Identität, die in den Papieren steht, auffliegt...
Ein ruhiger Film, mit zarten Bildern und sehr viel Sommerferien-Gefühl. Die sehr charakterreichen Kinderdarsteller tragen den Film und die Erzählung vorwärts. Vor allem die kleine Schwester, die den Gedanken an einen großen Bruder nach anfänglicher Verwirrung sehr reizvoll findet, wickelt jeden Zuschauer mit ihrem Charme schnell um den Finger.
Dennoch ist es ein schwieriger Film, gerade im Hinblick auf die Thematik. Vielleicht ist es dem Produktionsjahr geschuldet – 2012 ist gerade noch vor der großen Welle, zu einer Zeit, in der Transsexuelle noch so gut wie gar nicht in Filmen, schon gar nicht in Kinderfilmen auftauchen.
So zeigt der Film eher die traurige, teilweise wirklich schmerzhafte Realität. Die Mutter schlägt Laure, als sie herausfindet, was sie getan hat, und zwingt sie, sich gegenüber ihren neuen Freunden als Mädchen zu outen. Gemeinsam stellen die Kinder fest, dass Laure eine gemeine Lügnerin ist und dass es ekelig ist, wenn ein Mädchen ein Mädchen küsst. Am Ende drängt ausgerechnet Lisa sie, zu ihrer angeborenen Identität als Mädchen zu stehen.
Insofern mag es ein guter Film für Eltern sein, um vor Augen geführt zu bekommen, was passiert, wenn man sein Kind zwingt, etwas zu sein, was es nicht ist. Vielleicht ist es auch ein gutes und wahres Gesellschaftsbild und eignet sich dazu, Gespräche und Diskussionen in Gang zu bringen. Aber dennoch würde man sich, gerade für Kinder, eine Aussage wünschen, die Mut macht, die sie darin bestärkt zu sich selber zu stehen und stark zu sein.
Dennoch ein mutiger Schritt, einen Kinderfilm zu diesem Thema zu machen. Ähnlich wie bei anderen schwierigen Themen, muss ein Anfang gemacht werden, ein Ball ins Rollen gebracht werden, damit irgendwann die mutigen, revolutionären Filme entstehen können, die etwas in der Gesellschaft bewegen können.
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