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Disney
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Unser Kinder-Reporter Jonas hat sich mit dem Disney-Produzenten Roy Conli unterhalten, der vor Baymax schon für „Rapunzel“ und „Der Schatzplanet“ zuständig war.
Was genau macht eigentlich ein Produzent und wieviel Einfluss haben Sie letztendlich auf den Film?
In erster Linie ist es mein Job, das auf die Leinwand zu bringen, was sich die Regisseure vorstellen. Dafür muss ich natürlich verstehen, was ihre Vision ist. Ich fordere sie oft heraus oder hinterfrage, was sie gerade machen, ob es wirklich die Richtung ist, die wir einschlagen wollen. Im Grunde helfe ich den Regisseuren bei ihren Entscheidungen und zeige ihnen Optionen auf. Aber letztendlich, wenn sie ihre Entscheidung getroffen haben, wenn sie sagen: „So möchte ich das es aussieht", dann bin ich dafür da, das zu realisieren.
Und ich bin derjenige, der das Team zusammenstellt, der dafür zuständig ist, die Musiker, Drehbuchautoren, Zeichner und Animatoren zu finden. Damit habe ich natürlich sehr großen Einfluss auf das Endergebnis.
Worauf achten Sie, wenn Sie Ihr Team zusammenstellen?
Wir versuchen bei Disney darauf zu achten, dass nicht immer wieder das gleiche Team zusammen arbeitet, sondern dass mit jedem neuen Film auch ein neues Team entsteht. Das ist spannend, das bringt Abwechslung und neue Herausforderungen und oft eine ganz neue Sicht der Dinge.
Natürlich gucke ich mir an, was für Arbeit die einzelnen bisher geleistet haben, aber mindestens genau so wichtig ist, dass sie mit ihrer Persönlichkeit gut in das Team passen. Wobei da auch die Leiter der verschiedenen Abteilungen großes Mitspracherecht haben, denn schließlich müssen die ja zusammenarbeiten. Letztendlich geht es natürlich darum, in jeglicher Hinsicht das bestmögliche Team zusammenzustellen.
Das klingt nach einem ganz schön harten Job!
Ich liebe ihn!
Fühlen Sie sich da ein bisschen wie der Dirigent eines großen Orchesters?
Vielleicht eher wie ein Ingenieur. Die Regisseure sind die Architekten und ich bin der Konstrukteur im Hintergrund, der herausfindet, wie man alles am besten umsetzt und baut.
Macht es Ihnen ein bisschen Angst, mit „Baymax“ einem so erfolgreichen Film wie „Frozen“ zu folgen?
Das Schöne bei Disney ist, dass wir uns immer alle als ein Team verstehen. Also der Erfolg von „Frozen“, ist auch ein bisschen mein Erfolg, auch wenn ich dabei nicht der Produzent war. Meine Regisseure waren auch an der Entwicklung von „Frozen“ beteiligt und die Regisseure von „Frozen“ haben uns bei der Überarbeitung unseres Drehbuches zur Seite gestanden. Es geht hier nicht um Wettbewerb. Eines der Dinge, die ich ganz früh gelernt habe, ist: Als Filmemacher bist du immer auf ein gutes Team angewiesen. Man kann nicht immer nur brillante Ideen haben und wenn andere dann Ideen mit einbringen, kannst du doch nur gewinnen. Du musst sie ja nicht benutzen, aber um so mehr tolle Ideen zusammenkommen, um so besser wird letztendlich der Film.
Was macht denn Ihrer Meinung nach zum Beispiel eine starke Filmfigur aus?
Ein guter Charakter ist immer die Grundlage für eine gute Geschichte. Der Kern für jeden Charakter besteht darin, deutlich zu etablieren, was er will. Jede Figur in einer dramatischen Struktur will irgendetwas, sei es physisch oder emotional. Das, was er will, bestimmt maßgeblich den Charakter und die Persönlichkeit und damit den Hergang der Geschichte.
Welches ist denn Ihre liebste Disney-Figur?
Oh, das ist einfach: das ist Pinocchio!
Und warum?
Es ist der erste Kinofilm, an den ich mich erinnern kann, ich war wahrscheinlich so etwa fünf Jahre alt und es gab eine Wiederaufführung in unserem Kino. Der Film hat mich damals völlig umgehauen. Es ist ja eine recht düstere Geschichte, die einem wirklich Angst macht, wie er in dem Wal ist oder zu einem Esel wird, wie er seine Familie verliert und mit Fremden davon geht ... Das hat mich wirklich berührt! Ich würde sogar behaupten, die Grundlage meiner Moralität basiert irgendwie auf Pinocchio.
Disney-Filme sind aber häufiger ein wenig düster, oder? Zum Beispiel „Bambi“ oder „König der Löwen“.
Ich glaube, alle guten Disney-Filme haben etwas Düsteres. Häufig unterschätzen wir die Kinder, bei dem was sie abkönnen und was sie sehen wollen.
Manchmal, wenn ich „Baymax“ präsentiere und erzähle was mit Takashi passiert, muss ich selber ein bisschen mit den Tränen kämpfen, weil es eine dermaßen emotionale Szene ist. Wie andere Disney-Filme auch, ist der ganze Film ein sehr emotionaler Film. Aber eben trotzdem auch ein sehr lustiger Film. Es geht immer darum, diese Balance richtig hinzubekommen.
Und beim Erzählen einer Geschichte ist meines Erachtens Weinen genauso wichtig wie Lachen.
Hat sich das filmische Erzählen Ihrer Meinung nach verändert, seit Sie bei Disney angefangen haben?
Wenn ich so auf meine früheren Filme zurückblicke, hat sich natürlich einiges im musikalischen Ansatz verändert. Genauso wie beim Schnitt des Filmes. Heutzutage sind Kinder viel schnellere Schnitte gewohnt, als noch vor einigen Jahren. Und trotzdem bringt es nichts, immer nur Action zu zeigen. Es muss auch immer die Möglichkeit geben, zu atmen. Unsere ganze Welt ist so schnell geworden, dass es selbst im richtigen Leben kaum noch die Zeit gibt, zu atmen.
Einer meiner Lieblingsszenen im Film ist, wenn der Zuschauer Baymax minutenlang dabei zusieht, wie er sich selber mit dem Tesafilm repariert. Allein diese Szene sagt so viel über diesen Charakter aus! Also, ja, ich glaube die Art, Geschichten zu erzählen, hat sich verändert, aber wir verlassen uns immer noch auf die Vergangenheit und versuchen sie mit einzubinden.
Was macht dann einen modernen Film für Sie aus?
Wie wir eine Geschichte oder eben auch einen Film erzählen, ändert sich im Grunde in jedem Jahrzehnt. Alfred Hitchcock beispielsweise hat die Erzählweise und die Art des Schnitts beeinflusst. Musikvideos haben den Schnitt und die Art der Bilder verändert.
Ich glaube, das, was einen Film modern macht, ist das Bewusstsein über alles das, was vorher da war. Man steht sozusagen auf den Schultern von alldem, man erkennt, was sich geändert hat und findet dann in der Kombination aus Traditionellem und Neuem seinen eigenen Weg.
Finden Sie, dass es zu einem modernen Animations-Film dazu gehört, dass er in 3D umgesetzt wurde?
Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die 3D lieben und andere, die es hassen. Ich persönlich liebe 3D, weil es noch einmal ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Das Tolle ist, wir bauen unsere Animationssets im Computer sowieso in 3D und es macht Spaß es auch so zeigen zu können. Aber ich glaube wirklich, beides hat seinen Platz und nicht jeder Film muss in 3D sein.
Gibt es denn eine Geschichte, die Sie persönlich gerne mal zu einem Disneyfilm machen würden?
Oh, das wäre etwas ungewöhnlich. Ich liebe Peer Gynt, ein wunderschönes Gedicht von Henrik Ibsen mit einer wundervollen Geschichte, und es wäre eine großartige Aufgabe, diese in einen Animationsfilm umzusetzen. Aber ich befürchte, das würde dann die neunzig Minuten eines Filmes weit überschreiten.
Vielen Dank für das Interview!
Hier findet ihr eine Rezension zu Baymax