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Natürlich Stillen
Stillen ist für viele Frauen, gerade beim ersten Kind, mit vielen Fragen verbunden. Wie stille ich mein Kind richtig? Woher weiß ich, wie oft man stillt? Kann ich weiter stillen, wenn ich zurück in meinen Beruf möchte? Heike Goal ist nicht nur Hebamme, sondern auch Still- und Laktationsberaterin. Sie erläutert uns, welche Vorteile das Stillen hat, wer bei Stillproblemen helfen kann und welche Lösungen es für berufstätige Mütter gibt.
Natürlich und gesund
„Stillen ist etwas Natürliches“, erklärt Heike Goal „wir gehören zu den Säugetieren und haben uns über Jahrtausende damit entwickelt.“ Auch heute ist die Muttermilch die bestmögliche Ernährung für ein Neugeborenes. Sie enthält neben wichtigen Nährstoffen und Vitaminen auch Antikörper der Mutter, die das Baby stärken und vor Infektionen und schädlichen Umwelteinflüssen schützen. Die positive Wirkung ist wissenschaftlich erwiesen: Kinder, die gestillt werden, erkranken seltener an Diabetes, Allergien und Asthma und leiden weniger häufig an Übergewicht als Flaschenkinder. Außerdem schützt die Muttermilch vor entzündlichen Darmerkrankungen, sodass Babys und Kleinkinder, die gestillt werden, weniger anfällig für Infekte sind.
Abgesehen von den optimalen Nährwerten für das Kind, hat das Stillen auch für die Mütter einen positiven Effekt: Das Risiko, im weiteren Verlauf des Lebens an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken, sinkt. Außerdem fällt es stillenden Müttern oftmals leichter die Babypfunde wieder los zu werden. Auch die große Nähe beim Stillen spielt eine wichtige Rolle für Mutter und Kind. Der häufige Körperkontakt schafft Vertrauen und sorgt gerade in den ersten Monaten dafür, dass sich eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind aufbaut.
Vorbereitung auf das Stillen
Der Körper der Frau beginnt schon lange vor der Geburt, sich auf das Stillen einzustellen. Bereits zu Beginn der Schwangerschaft stellen viele Frauen fest, dass die Brüste größer werden, spannen und empfindlicher werden. Die verstärkte Ausschüttung von Schwangerschaftshormonen wie Östrogen und Progesteron regt die Milchdrüsen an, zu wachsen und sich auf die Milchabgabe einzustellen. Schon vor der Geburt können die ersten Tropfen Milch aus der Brust austreten.
Wichtig ist ein guter Start
Um das Stillen einzuleiten und dem Körper Milchbedarf zu signalisieren, ist es wichtig, das Baby innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt an der Brust anzulegen. Die meisten Neugeborenen machen sich durch Schmatzen bemerkbar und drehen das Köpfchen auf der Suche nach der Milch. „Das kann recht oft sein, bei manchen alle halbe Stunde bis Stunde“, weiß Heike Goal. Aber genau dieses häufige Anlegen in den ersten Tagen ist wichtig, um die Milchproduktion in Gang zubringen. Denn jedes Mal, wenn das Baby an der Brust saugt, werden im Körper der Mutter Hormone ausgeschüttet, die die Milchproduktion anregen.
Auf einen Schnuller sollten frisch gebackene Eltern erst einmal verzichten. Denn die Saugerform des Schnullers erfordert ein anderes Saugen, als das an der Brust und kann das Neugeborene verwirren. Die erste Milch, die auch Vormilch oder Kolostrum genannt wird, ist zähflüssiger und eher gelblich im Vergleich zur späteren Brustmilch. Sie ist besonders reich an Nährstoffen und Antikörpern und stärkt das Neugeborene direkt nach der Geburt optimal. Nach einigen Tagen hat sich bei den meisten Müttern die normale Milchproduktion eingestellt und das Baby kann je nach Bedarf gestillt werden. „Wenn ein Stillwunsch da ist, funktioniert es meistens auch“, weiß Heike Goal aus der Praxis.
Hilfe bei Schwierigkeiten
Wenn eine Frau trotz Stillwunsch, Geduld und Unterstützung von der Hebamme nicht den gewünschten Erfolg beim Stillen hat, bedeutet dies jedoch nicht den Verzicht auf die intensive Bindungserfahrung. Stillberaterinnen können dabei helfen, eine geeignete Lösung zu finden und Alternativen aufzeigen. Auch bei Komplikationen oder wenn sich das Stillverhalten ändert, ist die Hebamme oder die Stillberaterin die richtige Ansprechperson. Sie kennen für die meisten Probleme wirksame Hausmittel und haben hilfreiche Tipps, wie sich Beschwerden lindern lassen. Auch der Austausch mit anderen Müttern, zum Beispiel in einem Stillcafé, kann helfen, die eigenen Unsicherheiten abzubauen und sich auszutauschen.
Zurück in den Beruf
Viele Mütter stellen sich früher oder später die Frage, wie es beruflich weitergeht. Wer sich dazu entschließt, wieder zu arbeiten, muss deswegen aber nicht unbedingt abstillen. „Es gibt ganz viele Wege, wie sich Berufstätigkeit und Stillen in Einklang bringen lassen“, weiß Heike Goal. Denn laut Mutterschutzgesetz stehen berufstätigen Müttern bezahlte Pausen zu, in denen sie ihr Kind entweder stillen oder die Milch abpumpen können. Wie sich Stillen und Berufstätigkeit bei jeder einzelnen Mutter am besten vereinbaren lassen, hängt unter anderem vom Alter des Kindes und der Art der Arbeit ab. Wichtig ist auch, dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen, dass man Stillpausen einplanen möchte.
Wie lange stillen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Kinder bis zum sechsten Lebensmonat ausschließlich zu stillen. Danach ergänzen dann Obst- und Gemüsebrei den Speiseplan des Babys, bis die feste Nahrung soweit ausgebaut ist, dass das Kind an den Familienmahlzeiten teilnehmen kann. Dies muss aber keinesfalls den vollständigen Ersatz der Muttermilch bedeuten. Auch Kinder, die älter als ein Jahr sind, profitieren weiter von den positiven Eigenschaften der Muttermilch. Wie oft und zu welchen Zeiten weiter gestillt wird, hängt von den individuellen Bedürfnissen von Mutter und Kind ab. So kann das abendliche Stillen vor dem Zubettgehen weiterhin zum gemeinsamen Ritual gehören.
Abstillen
Irgendwann ist für Mutter und Kind der richtige Zeitpunkt abzustillen. Wichtig ist, dass der Übergang von der Muttermilch zur Beikost sanft und nicht abrupt erfolgt. Die Mutter bietet die Brust nicht mehr aktiv an, gewährt dem Kind aber Milch, wenn es Hunger signalisiert. Verringern sich Häufigkeit und Intensität der Mahlzeiten bildet sich auch die Brust entsprechend zurück. Beschließt die Mutter, dass es Zeit ist, abzustillen, sollten über einen längeren Zeitraum hinweg die Stilleinheiten seltener werden und durch andere Mahlzeiten ersetzt werden. Erfolgt das Abstillen allerdings sehr schnell, zum Beispiel, weil die Mutter krank ist, muss die überschüssige Milch in den ersten Tagen ausgestrichen oder abgepumpt werden, bis sich die Produktion reguliert hat.
Information und Beratung
- Stillen und Corona
- La Leche Liga, Verein zur Förderung des Stillens, www.lalecheliga-bremen.de
- Deutscher Hebammen Verband, www.hebammenverband.de
- Eltern-Stillforum www.rabeneltern.org
- Stillcafé-Angebote gibt es verschiedenen Bremer Kliniken, in den Geburtshäusern, Mütterzentren sowie dem SOS-Kinderdorf