© Oksana Kuzmina
Flimmerkiste für die Kleinsten
Es gibt Situationen, da wäre es klasse, wenn das Kind mal still hält, sei es beim Fingernägel schneiden, Läuse auskämmen oder einfach, weil man mal eben die Wäsche aufhängen muss. Es gibt Sendungen, wie das Sandmännchen, die die Gesellschaft als pädagogisch wertvoll und kindgerecht akzeptiert hat. Aber ab welchem Alter man Kindern das Fernsehen erlaubt, ist eine ewige Diskussion, besonders da es heute beinahe unmöglich ist, Kinder ohne Medien aufwachsen zu lassen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät in ihrem Elternratgeber „Gut hinsehen und zuhören!“ bei Kindern unter 3 Jahren davon ab, sie mit Fernseh-Sendungen zu bespaßen, hier soll auf Bilderbücher zurückgegriffen werden. Dass dies schwer umsetzbar ist, gerade wenn auch noch ältere Kinder mit im Haushalt sind, weiß auch die BZgA, daher empfiehlt sie, die Bildschirmzeit bei Kleinkindern auf maximal 20 Minuten täglich zu beschränken und diese mit dem Nachwuchs gemeinsam zu verbringen. Ab dem 3. Lebensjahr sind Kinder in der Lage längeren Erzählungen zu folgen, man muss nicht mehr daneben sitzen, wenn eine Sendung läuft, aber es wird empfohlen darüber zu sprechen und nachzufragen, was in der Folge passiert ist, was die Figuren erlebt haben. Ein toller Tipp des BZgA ist es, die Helden der Serien auch außerhalb der Sendung mit einzubinden, das können Ausmalbilder sein oder das gemeinsame Basteln von Kostümen. Ab dem Grundschulalter wird empfohlen, eine tägliche Bildschirmzeit (Fernsehen und Computerspiele) von 45 Minuten nicht zu überschreiten und auch hier Alternativen zu bieten, wie Sport, Brettspiele mit der ganzen Familie und später auch selbstständiges Lesen.
Ähnliche Empfehlungen hält FLIMMO für Eltern bereit. Das Projekt des Vereins Programmberatung für Eltern e.V. bietet konkrete Orientierungshilfe bei der Fernseherziehung und erscheint dreimal jährlich als Broschüre, die für Eltern kostenlos ist. Bei Kindern unter 3 Jahren wird vom Fernsehen abgeraten, auch weil sie es nicht verarbeiten können und nur als Reizquelle wahrnehmen. Der (Körper)Kontakt zu den Eltern ist in diesem Alter wichtiger, Kleinkinder erkunden und begreifen durch Sehen und Anfassen, das bietet eine Fernsehsendung nicht. Allgemein gilt, dass man Kindern erst den Zugang zu Medien eröffnet, wenn das Interesse von ihnen selbst kommt und dann sollte man mit kurzen Sendungen einsteigen, deren schlichte Handlung sich auf wenige Figuren konzentriert. Bei Vorschulkindern wird geraten, den Medienkonsum aufmerksam zu begleiten und aktiv zu hinterfragen. Die Alltagsgeschichten stellen oft Situationen und Gefühle dar, die den Kindern helfen, ihre eigenen Emotionen, Wünsche und Ängste einzuordnen, hier kann Redebedarf beim Nachwuchs entstehen. Ab dem Grundschulalter können Kinder längeren Handlungen folgen und die Komplexität einer Serie verstehen, sie ergänzen nicht gezeigte Szenen und können zwischen Realität und Fiktion unterscheiden. Später entwickeln Kinder einen eigenen Geschmack, können Genres unterscheiden, verstehen gesellschaftliche Themen und entscheiden selbst, welche Medien sie konsumieren.
Ebenfalls Rat gibt die Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“, die unter anderem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Leben gerufen wurde. Es gibt einen speziellen TV-Ratgeber, der für Kinder unter 5 Jahren eine maximale Fernsehzeit von 30 Minuten am Tag empfiehlt, die möglichst nicht direkt vor dem Schlafen eingeplant ist, denn die Kinder müssen das Gesehene erst verarbeiten. Außerdem wird auf die Vorbildfunktion der Eltern bei der Mediennutzung hingewiesen. Maßloses Fernsehen, beispielsweise beim gemeinsamen Essen oder als ständige Hintergrundkulisse, sollte eingeschränkt werden, um den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien vorzuleben. Für Kleinkinder unter 3 Jahren, werden Bilderbücher und alternativ Hörbücher empfohlen und auch hier gilt bis zum Grundschulalter, dass Fernsehen ein gemeinsames Erlebnis sein sollte, mit dem Kinder nicht allein gelassen werden. Es wird geraten, feste Regeln für den Medienkonsum festzulegen und auch an ihnen festzuhalten, unabhängig davon, was andere Kinder (angeblich) dürfen. Fernsehen sollte nie als Belohnung oder Strafe durch Verbot eingesetzt werden, dadurch erhält es einen vermeintlich hohen Stellenwert. Außerdem warnt der TV-Ratgeber vor ungeeigneten Inhalten für Kinder, hierzu gehören Gewaltdarstellungen und Werbung. Kinder werden durch Szenen verunsichert oder verängstigt, die für Erwachsene harmlos wirken, sei es Gewalt, Erotik oder furchterregende Monster. Werbung ist ebenfalls ungeeignet, da Kinder die knalligen Kurzspots nicht vom Unterhaltungsprogramm unterscheiden können.
Eine bekannte Orientierungshilfe ist die FSK-Angabe, die Freiwillige Selbstkontrolle für Zuschauer*innen. Auf der eigenen Website wird erklärt, dass kontrolliert wird, ob die Inhalte von Filmen und Sendungen für gewisse Altersklassen geeignet sind oder nicht, dies geschieht anhand von gesetzlichen Vorgaben, sagt also nicht aus, ob ein Film pädagogisch wertvoll oder „gut“ ist. Die Angabe FSK 0 bedeutet, dass es keine rasanten Schnitte gibt, keine laute oder bedrohliche Geräuschkulisse vorkommt und dass problematische Situationen schnell wieder aufgelöst werden, um Kinder nicht zu ängstigen. FSK 6 bedeutet ebenfalls ein Happy End, aber Kindern wird zugetraut zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden, daher können Spannungsmomente länger aufrechterhalten werden, solange sie positiv aufgelöst werden. Die FSK ist nur eine grobe Einschätzung, die bei einzelnen Kindern auch völlig daneben liegen kann. Eltern sollten bei Unsicherheiten die Filme vorher selbst schauen um einschätzen zu können, ob sie für den Nachwuchs geeignet sind. Man sollte sich allerdings nicht zu weit nach oben orientieren. Eine 11-Jährige kann vielleicht schon einen Film mit FSK 12 sehen, aber einem 9-Jährigen sollte man das nicht bedenkenlos erlauben.