
Foto: Freie Gemeinschaftsschule Bremen
Infostand der Freien Gemeinschaftsschule auf der Breminale
Nach den Sommerferien 2015 wird Bremens erste Freie Schule ihre Tore in der Hansestadt öffnen. Mitte Juli gab die Bremer Bildungsbehörde grünes Licht für das Alternativschulprojekt, das von Eltern und Pädagog:innen ins Leben gerufen wurde. Jetzt laufen die Umbauten in der ehemaligen Postfiliale am Sebaldsbrücker Bahnhof auf Hochtouren, damit dort im September der Schulbetrieb beginnen kann.
Hinter dem Namen „Freie Gemeinschaftsschule Bremen" (FGS) verbirgt sich eine reformpädagogische Oberschule mit den Klassenstufen 5 bis 10, an der rund 50 Kinder und Jugendliche auf die Erweiterte Berufsbildungsreife, den Mittleren Schulabschluss und den Übergang zur gymnasialen Oberstufe vorbereitet werden. Der Name drückt bereits die Besonderheit der neuen Schule aus, wie Martin Wandelt aus dem Vorstand des Trägervereins erklärt: „Gemeinschaftsschule heißt, dass wir Schule nicht als Institution begreifen, sondern als eine Gemeinschaft von Menschen, die sich gegenseitig bei ihrer Fortentwicklung unterstützen. Und diese Gemeinschaft umfasst neben den Schülerinnen und Schülern auch ausdrücklich alle Erwachsenen, die an der Schule beteiligt sind, insbesondere die Eltern und Mitarbeiter. Wir alle entwickeln uns weiter und können voneinander lernen, wenn wir offen dafür sind."
Weil Gemeinschaft nur in überschaubaren Gruppen funktioniere, sei die FGS bewusst klein gehalten, erläutert Wandelt weiter. „Nicht nur die einzelnen Lerngruppen, auch die Schule als Ganzes ist gut überschaubar, selbst für die jüngeren Kinder." Dies schaffe ein Gefühl der Sicherheit und des Aufgehobenseins, das letztlich die Grundvoraussetzung bilde für ein erfolgreiches Lernen.
Gemeinschaft bedeute aber nicht, dass die oder der Einzelne sich selbst aufgeben müsse, im Gegenteil: „Als Teil einer Gemeinschaft trage ich Verantwortung für mich selbst wie für andere," erläutert Wandel, „wenn ich meine Wünsche und Bedürfnisse verleugne, schade ich mir selbst und schwäche damit letztlich auch die Gemeinschaft." Deshalb gehe es in der Schule darum, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Kinder zu fördern, zugleich aber auch ihre Fähigkeit zu entwickeln, die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen wahrzunehmen und achtsam mit ihnen umzugehen, auch und gerade, wenn sie anderer Meinung sind oder gegenläufige Interessen haben.
Die FGS setzt auf ein offenes Unterrichtsmodell, bei dem Schülerinnen und Schüler in hohem Maße selbst bestimmen können, wann sie sich mit welchen Themen beschäftigen und auf welche Weise sie sich den Lernstoff aneignen. Dass sie dabei nicht genug lernen könnten, glaubt Martin Wandelt nicht: „Wir stehen in Kontakt mit vielen anderen Freien Schulen, und die Erfahrungen sind eindeutig: Wenn das Umfeld stimmt, die Kinder sich aufgehoben fühlen und Konflikte im offenen Dialog geklärt werden, entsteht eine unglaublich starke Lernbereitschaft, wie man sie durch Notendruck und äußere Anreize niemals hervorrufen kann."
Konsequenterweise gibt es an der Ganztagsschule keinen Fach- und Themenwechsel im 45-Minuten-Takt, wohl aber eine Tageseinteilung mit festen Ritualen wie der Morgenrunde und dem gemeinsamen Mittagessen. Ein weiterer Eckpfeiler des Konzepts ist die Öffnung der Schule nach außen. "Wir holen uns, wann immer möglich, Menschen in die Schule, die keine Lehrer sind, aber auf irgendeinem Gebiet besondere Erfahrungen oder Fähigkeiten besitzen und diese gern mit Kindern und Jugendlichen teilen," so Wandelt. „Umgekehrt fördern wir das MentorInnenlernen, bei dem Schülerinnen und Schüler sich Erwachsene außerhalb der Schule suchen, mit denen sie Zeit verbringen, um über deren Tätigkeitsfeld etwas zu lernen."
Das Schulgeld für die Schule wird einkommensabhängig gestaltet, so dass niemand aus finanziellen Gründen ausgeschlossen wird. Kalkuliert wird mit einem durchschnittlichen Schulgeld von 150 Euro pro Kind und Monat.
Für das kommende Schuljahr hat die FGS noch einige wenige freie Plätze anzubieten. Details und Kontaktdaten finden sich auf der Webseite unter www.fgs-bremen.de.
Am Sonntag, 2. August, findet ein Treffen für interessierte Eltern und Kinder statt.