Fotos: Fabian Georgi
Ich erinnere mich noch gut an den Schock, als meine kleine Tochter eines Abends mit den Füßen in meinem Schreibtischgestell hängen blieb und mit Krawumm auf die Nase fiel. Ihr Gesicht war sofort voller Blut, sie kreischte und wollte mich partout nicht nachsehen lassen, was passiert war. Ich weiß noch genau, dass ich sehr in Panik geriet und nicht wusste, ob ich nun meinen Mann, die Ärztin von gegenüber oder gleich den Notarzt rufen sollte. Mit Herzklopfen nahm ich die kleine Maus in den Arm und durfte schließlich doch vorsichtig das Blut abtupfen. Um dann festzustellen: sie hatte „nur“ heftiges Nasenbluten, ansonsten waren keine weiteren Blessuren zu erkennen.
Nun gehört Nasenbluten nicht unbedingt zu den dramatischen Vorfällen im Alltag mit Kindern, aber auch in so einem Fall ist es hilfreich, gleich zu wissen, was zu tun ist.
Auf Kindernotfälle vorbereitet sein
Kinder lieben es herumzutoben. Ganz klar, da sind Zusammenstöße oder Stürze vorprogrammiert – und die passieren den kleineren Kindern vor allem zu Hause. Erst ab circa vier bis fünf Jahren verlagert sich der Aktionsradius in die nähere Um
gebung, auf den Sport- oder Spielplatz, in den Kindergarten und später dann auf den Schulhof. Typische Unfallarten im Haus sind zum Beispiel Stürze beim Treppensteigen oder beim Hüpfen auf dem Bett, Verletzungen durch spitze Gegenstände, auch Verbrennungen oder Verbrühungen kommen häufig vor. Wie können Eltern dazu beitragen, Unfälle zu verhindern, ohne ihren Nachwuchs ständig zu beaufsichtigen oder sie gar in Watte zu packen? „Unfallverhütung bedeutet, eine Balance zwischen Gefahr und Erfahrung zu finden, Verantwortung zu übernehmen für sich selbst – aber auch für andere“, beschreibt Annelie Henter, Gründungsmitglied der „Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V. (BAG)". Der Verein entwickelt seit 1997 Projekte für mehr Kindersicherheit und wird dabei von verschiedenen Landes- und Bundesministerien und Behörden, Unfallkassen und Unternehmen unterstützt.
Gefahrenquelle Küche
Die Kunst der Eltern ist es, einerseits Räume so sicher wie möglich zu machen, andererseits die Jüngsten am Alltagsleben teilnehmen zu lassen, ohne sie ständig in andere (sicherere) Umgebungen zu verbannen. Denn Kinder wollen natürlich in der Nähe der Eltern sein. Sie möchten teilnehmen und mithelfen, zum Beispiel in der Küche. Dort geschehen allerdings auch sehr viele Unfälle, speziell am Herd und im Umgang mit heißen Speisen.
Das Beispiel Küche zeigt, worauf Eltern unbedingt achten müssen und welche Sicherheitsvorkehrungen sie berücksichtigen sollten:
- Elektrische Küchengeräte (dazu gehören auch herunterhängende Kabel) gehören nicht in die Reichweite von Kindern
- Herde sollten immer durch Schutzgitter und/oder durch einen Backofenfensterschutz gesichert werden
- Pfannengriffe immer so drehen, dass das Kind nicht an den Griff kommt
- Scharfe Messer und andere spitze Gegenstände niemals offen herumliegen lassen und an einem sicheren Ort lagern
- Putz- und Spülmittel in einem abschließbaren Schrank aufbewahren
- Schubladen und Schränke mit kindersicheren Sperren versehen …
Diese Liste ließe sich beliebig erweitern, allerdings geht es nicht nur um Verbote: Wichtig ist auch, mit den Kindern über die möglichen Gefahren zu sprechen und ihnen nach und nach den Umgang mit Küchenutensilien zu vermitteln. So können Kinder bereits ab drei Jahren mit einem Plastikmesser weiche Materialien wie Bananen zerteilen. In jedem Fall sollten Eltern ihre Kleinkinder in der Küche immer beaufsichtigen.
Auf viele Alltagsunfälle können Eltern sich gut vorbereiten. Verschiedene Organisationen – wie das DRK, die Johanniter oder auch einige Kinderärzte – bieten regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse für Eltern, Großeltern und Erzieher/-innen an. Bei den Lehrgängen wird in der Regel nicht nur vermittelt, wie man in Notsituationen reagieren sollte, sondern auch, wie alltägliche Gefahrenquellen verhindert bzw. wie Eltern auch bei schweren Fällen hilfreich eingreifen können, bevor eine Notärztin oder ein Notarzt kommt. Allerdings reicht es nicht, einen einzigen Kurs zu besuchen, besser ist es, das Gelernte regelmäßig aufzufrischen. Hilfreich ist auch, zumindest die wichtigen Notfallnummern (Kinderarzt, Kinderärztlicher Notdienst, Vergiftungszentralen …) gut sichtbar für alle Familienmitglieder aufzuhängen.
Auch Kinder sollten früh an die Erste Hilfe herangeführt werden.
Bereits in der Kindergartenzeit wird der Grundstein dafür gelegt, dass Menschen im Jugend- und Erwachsenenalter selbstbewusst und sicher in Notfällen reagieren können. Entsprechend sinnvoll ist es, sie dabei zu unterstützen, dass sie im Falle einer Verletzung selbstbewusst und sicher reagieren und alltägliche Gefahrenquellen rechtzeitig erkennen.