Babys, die zu früh auf die Welt kommen, müssen nicht nur optimal medizinisch versorgt werden, sie brauchen auch möglichst viel Kontakt zu ihren Eltern. Umso wichtiger ist es, dass die Kliniken für die Eltern gut erreichbar sind. Im Bremer Norden ist die wohnortnahe Versorgung von Level 2-Frühgeborenen, also Kinder mit einem erwarteten Geburtsgewicht zwischen 1.250 bis 1.500 Gramm, zukünftig gefährdet. Laut Planung des Bremer Senats und der Geno (Gesundheit Nord) sollen diese Frühchen ab circa 2020 statt im Klinikum Bremen-Nord in dem neu geplanten Eltern-Kind-Zentrum im Klinikum Bremen-Mitte versorgt werden.
Diese Zentralisierung hält Jürgen Bachmann für eine Fehlentscheidung. Der ehemalige Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums Bremen-Nord setzt sich mit seiner Initiative „kindgerecht?!" vehement gegen die Verlagerung der Frühgeborenen-Station ein. In der Initiative engagieren sich u. a. Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Kinderkrankenschwestern, Kinderärzt*innen, Frauenärzt*innen, Politiker*innen und Sozialarbeiter*innen.
© Suse Lübker
Jürgen Bachmann
Jürgen Bachmann
Eltern aus dem ausgedehnten Bremer Norden und den umliegenden Gemeinden zu Besuchen ihres Babys bis nach Bremen Mitte reisen müssen, wird der Kontakt zu dem Neugeborenen deutlich erschwert. „Gerade der intensive Kontakt zwischen Eltern und Kindern in den ersten Wochen ist immens wichtig und von prägender Bedeutung für das Kind", erklärt Bachmann. Durch die Nähe zu ihren Eltern gehe es den Frühchen akut und auf Dauer deutlich besser. „Dieser Kontakt legt das Fundament für die sichere Bindung", so Bachmann. Hinzu kommt, dass einige Menschen aus Bremen-Nord finanziell nicht in der Lage seien, täglich in die Bremer City zu fahren. „Besondere Schwierigkeiten haben Eltern, die mehrere Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige versorgen oder Probleme mit der Sprache haben", sagt Bachmann.
Sandra Ludwig*, Mutter von zu früh geborenen Zwillingen, ist sehr froh, dass ihre Kinder im Klinikum Bremen-Nord ganz in der Nähe ihres Wohnortes, versorgt wurden. „Ich habe sehr von der Lage profitiert. In den zehn Wochen, in denen ich rund um die Uhr im Krankenhaus war, konnte ich immer mal nach Hause fahren, manchmal einfach nur, um zu duschen." Auch für ihren Mann sei es ein immenser Vorteil gewesen, dass er keine langen Wege hatte, um bei seiner Familie sein zu können. Sandra Ludwig setzt sich ebenfalls dafür ein, dass die Intensivstation erhalten bleibt: „In der Klinik arbeiten sehr viele engagierte und hochmotivierte Mitarbeiter*innen, die sich mit sehr viel Wertschätzung und Unterstützung für die Eltern eingesetzt haben und sehr nah bei den Kindern waren". Das sei ganz besonders wichtig für die Frauen aus den so genannten sozialen Brennpunkten im Bremer Norden, die oft von der Situation überfordert seien.
Gegen die Verlegung der Frühgeborenenstation spricht ebenfalls die aktuelle Versorgungssituation für Frühchen. „Es besteht ein erheblicher Zweifel daran, dass die vorgesehenen Versorgungskapazitäten auch nur annähernd ausreichend sind. Aktuell schon müssen Schwangere mit drohender Frühgeburt und Frühgeborene nach Niedersachsen weitergeschickt werden. Im Rahmen der „Zentralisierung“ wird die Bremen-Norder Versorgungskapazität aber ersatzlos aufgegeben", erläutert Bachmann.
G emeinsam mit seiner Initiative wird Bachmann weiterkämpfen – mit Unterschriftenaktionen und Petitionen und viel Unterstützung der Bremer Bürger*innen. Schließlich – so Bachmann – gehe es um das Wohl der Kinder, dafür lohne es sich allemal aktiv zu werden.
*Name von der Redaktion geändert