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Familien als Seismograph der Krise
Irgendwie scheinen Eltern und Kinder in der Corona-Pandemie komplett unterzugehen, wirtschaftliche Interessen kommen immer zuerst, und an die Familien und ihre Bedürfnisse und Herausforderungen wird frühestens zuletzt gedacht. Aber ein Forschungsteam des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim und der Goethe-Universität Frankfurt hat an sie gedacht: In einer bundesweiten Studie wurden mehr als 25.000 Eltern befragt, jetzt liegen die Ergebnisse der „KiCO“-Studie zum Familienalltag in Zeiten der Coronavirus-Pandemie vor.
Mitte Mai erschien die Studie JuCo, zu der 6000 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren zu den Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf ihren Alltag befragt wurden, am 27. Mai 2020 folgte das Ergebnis vom Familien-Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“, zu dem Familien mit Kindern unter 15 Jahren befragt wurden. Bei der Befragung konnten Kinder den Fragebogen entweder gemeinsam mit der Mama oder dem Papa ausfüllen, oder die Eltern waren gebeten, sich bei bestimmten Fragen in jedes einzelne ihrer Kinder hineinzuversetzen.
In der Zeit vom 24. April bis zum 3. Mai haben Eltern und Kinder berichtet, wie es ihnen während der Corona-Pandemie geht, wie ihr Wohlbefinden ist, was ihren Alltag kennzeichnet, wie sich die Kitabetreuung, Schulöffnung und auch das Berufsleben auf ihren Alltag auswirkt. Über 25.000 Personen haben in dieser kurzen Zeit mindestens 95 Prozent des Fragebogens beantwortet und sich damit viel Zeit genommen. „Die umfangreiche Beteiligung an der Befragung verstehen wir als einen Indikator dafür, dass es unter Müttern und Vätern einen hohen Mitteilungsbedarf gibt“, so die Wissenschaftlerin Dr. Severine Thomas vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik.
Nicht überraschend kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sich das Leben in den Familien in erheblichem Umfang verändert hat. Vor allem haben sich erwerbstätige Mütter beteiligt, die zahlreich von Schuldgefühlen gegenüber ihren Kindern und dem Arbeitgeber berichten, weil sie alles gleichzeitig managen müssen.
So erklärt eine Mutter offen: „Ich habe bisher keinerlei Hilfen erhalten. Unverschuldet bin ich so wie andere auch in diese Situation gekommen. Man weiß nicht, wie es weitergehen soll. Nachdem ich bereits unbezahlten und bezahlten Urlaub genommen habe bin ich am Ende meiner Kräfte, da nicht abzusehen ist wann die Kindergärten wieder öffnen.“
Doch es gibt auch Mütter und Väter, die aus der Pandemie Positives mitnehmen, wie ein Vater schreibt: „Meine Familie profitiert vom Wegfall des Freizeitstresses und der ewigen Hin- und Herfahrerei. Man steht heutzutage mit der ewigen Fördererei und dem Hobbymuss so unter Stress. Das kann nur schädlich sein. Für unsere Familie und die Stärkung der Geschwisterbeziehung werde ich Corona ewig dankbar sein. Mal aus dem Hamsterrad auszusteigen, ist eine Wahnsinns-Chance."
Auf einer Skala von 0 = total unzufrieden bis 10 = zu 100% zufrieden konnten die befragten Eltern für sich und ihre Kinder Angaben zu ihrer Zufriedenheit mit dem Zeitvertreib vor und seit der Pandemie machen. Für die Zeit vor Corona ergeben sich bei allen Befragten Mittelwerte zwischen 7,65 und 8,32, also eine sehr hohe Zufriedenheit. Für die Zeit mit Corona sinkt der Zufriedenheits-Wert auf 4,9.
Die Antworten zur aktuellen Arbeitssituation der Befragten zeigen, das 47,4% der Befragten mit Kindern unter 15 Jahren von zu Hause aus im Homeoffice arbeiten. Für 21,6% hat sich am Arbeitsmodell nichts geändert. Jede*r Fünfte ist aktuell freigestellt, im Sonderurlaub oder Elternzeit. 11,2% der Befragten befinden sich in Kurzarbeit und 1% erhalten Corona-Unterstützungsleistungen.
Die weiteren spannenden Ergebnisse der KiCo-Studie können hier als PDF heruntergeladen werden, mehr Informationen zu beiden Studien sind auf der Seite des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Stiftung Universität Hildesheim zu finden.